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Handball
01.09.2023
01.09.2023 17:22 Uhr

Wieder unter die besten Sechs

Pashke Marku zählt zu den routinierten Kreuzlingerinnen und sie stellte ihre Torgefährlichkeit beim Turniersieg in Allensbach einmal mehr unter Beweis. Bild: Erich Mosberger
Mit einem breiteren, jedoch stark verjüngten Kader strebt Kristina Ertl-Hug in ihrer bereits siebten Saison als Cheftrainerin des Kreuzlinger SPL-Teams die erneute Qualifikation für die Finalrunde der besten sechs Teams in der Schweiz an. Am Samstag, 2. September um 18 Uhr, startet der HSCK mit dem schwierigen Auswärtsspiel gegen den Playoff-Halbfinalisten und Europacup-Teilnehmer HV Herzogenbuchsee.

«Wir haben glücklicherweise einen breiteren Kader als in der letzten Saison», freut sich die 36-jährige Cheftrainerin auf die nächsten Herausforderungen in der höchsten Schweizer Spielklasse des Handball Sportclub Kreuzlingen. In der letzten Spielzeit zeigte ihr Team zwar eine starke Hauptrunde und qualifizierte sich als Tabellendritter so gut klassiert wie noch nie hinter den beiden Topmannschaften von Brühl St. Gallen und den Spono Eagles Nottwil für die Finalrunde (Top 6). Bereits in der ersten Partie fiel dann allerdings Topscorerin Annika Blanke mit einer Fussverletzung für den Rest der Saison aus. Diesen Rückschlag verkraftete der HSCK nicht und so resultierten aus den total zehn Partien nur zwei Punkte. «Da haben uns schlichtweg die notwendigen personellen Alternativen gefehlt», betont Kristina Ertl-Hug. Dazu fielen mit der Linkshänderin Stefanie Schalko, den Allrounderinnen Selina Weidmann und Pavlina Novotna sowie der talentierten Schweizer U18-Nationalspielerin Selma Kikanovic im linken Rückraum weitere Leistungsträgerinnen für längere Zeit aus. Der sechste Schlussrang war dennoch eine leise Enttäuschung.

Grosser Herausforderung
«Auf die neue Saison 2023/24 haben wir versucht, den Kader zu erweitern, um so auch allfällige verletzungsbedingte Ausfälle besser kompensieren zu können,» betont Ertl-Hug. Das sei allerdings eine grosse Herausforderung gewesen. Die Auswahl an leistungswilligen und auch SPL1-tauglichen Spielerinnen in der Schweiz sei leider überschaubar. «Und in diesem kleinen Teich fischen praktisch alle Spitzenclubs», fährt die Kreuzlinger Cheftrainerin fort. Dazu hat der HSCK mit Rekordmeister Brühl St. Gallen und Yellow Winterthur zwei Konkurrenten in unmittelbarer geographischer Nähe, die beide über grössere finanzielle Möglichkeiten und – sicher im Fall von Rekordmeister St. Gallen - auch mehr sportliche Anziehungskraft verfügen.

Mühlethaler wieder weg
Nach nur einer Saison hat sich der HSC Kreuzlingen in gegenseitigem Einvernehmen wieder von Urs Mühlethaler (Sportchef und Coach) getrennt. Die Mentalitätsunterschiede zwischen dem 69-Jährigen und einem Grossteil der Mannschaft erwiesen sich als zu gross. Hier der immer noch ehrgeizige, fachlich zweifelsfrei sehr kompetente ehemalige Profitrainer, dort die Spielerinnen, die praktisch allesamt einem 100-Prozent-Job nachgehen. Als Folge dieser Dissonanzen gab es auch Rücktritte und Abgänge. Der in Uster wohnhafte Mühlethaler, der mit vier verschiedenen Clubs insgesamt sechs Mal Schweizermeister wurde (4x Männer, 2x Frauen), schlägt seine Zelte in der Saison 2023/24 neu als Sportchef bei Vizemeister Spono Eagles Nottwil auf.

Ihren Rücktritt erklärten per Saisonende die routinierte Torhüterin Nathalie Wörner (30 Jahre) aus beruflichen Gründen, sowie Pavlina Novotna (27) und Eigengewächs Selina Weidmann (28), letztere beide aufgrund von vielen Verletzungen in jüngerer Vergangenheit. Aus privaten Gründen kehrt die Linkshänderin Stefanie Schalko (28) zu ihrem Stammclub Stockerau in die höchste österreichische Liga (WHA) zurück. Dazu unterschrieb die slowakische Rückraumspielerin Petra Skoricova (24) nach fünf Saisons im Kreuzlinger Dress - trotz mündlicher Zusage für die Spielzeit 2023/24 – Mitte April überraschend beim Ligakonkurrenten und amtierenden Schweizermeister LC Brühl St. Gallen.

Zahlreiche Stammspielerinnen weiter dabei
Weiterhin zum SPL1-Stammkader gehören hingegen mehrere bewährte Spielerinnen. Annika Blanke (28) ist von ihrer Fussverletzung genesen und kann wieder als Teamleaderin vorangehen. Ihren Vertrag beim HSCK verlängert hat auch Kreisläuferin Marlena Kampelmühler-Rink (21), die im Frühjahr erstmals ein Aufgebot für die österreichische A-Nationalmannschaft erhielt. Dasselbe gilt für die drei Kreuzlinger Eigengewächse Pashke Marku (24, kosovarische A-Nationalspielerin), Kira Klein (28) und Lea Rothacker (23), sowie die deutsche Allrounderin Jennifer Heinstadt (23). Langfristig an den HSCK gebunden hat sich die dänische Torfrau Frederikke Siggaard (26). Und die talentierte Rückraumspielerin Selma Kikanovic (18) wird nach überstandener Knieverletzung voraussichtlich in der zweiten Saisonhälfte wieder ins Aufgebot zurückkehren.

Vielversprechende Zuzüge
Den Kreuzlinger Verantwortlichen haben versucht, die entstandenen Lücken zu schliessen. Fündig geworden sind sie primär in der dritthöchsten deutschen Spielklasse. Von dort stossen gleich vier vielversprechende, mehrheitlich noch junge Spielerinnen zum HSCK. Vom HC Erlangen wechselt die talentierte Spielmacherin Luisa Bauder (19) an den Bodensee. Vom 1. FC Köln kommt die Rückraumspielerin Lea Flohr (21), vom TSV Haunstetten die routinierte Rechtsaussen Anne-Marie Hänsel (26) und vom TSV Wattenbek die abschlussstarke Linkshänderin Raphaela Steffek. Torhüterin Nathalie Wörner wurde durch die österreichische U20-Nationalspielerin Kerstin Sander vom österreichischen Serienmeister Hypo Niederösterreich ersetzt. Die 19-Jährige hat bereits internationale Erfahrung an der U20-WM- und EM-Endrunde sammeln können. Dazu gehören nun auch Ilaria Suter (19), Abwehrspezialistin Ramona Stadelmann (26) und Torhüterin Alenya Zehnder (18) fix dem Kreuzlinger SPL1-Kader an.

An das Spitzenniveau heranführen
Einen Talentvertrag erhielten vier junge Spielerinnen aus dem eigenen Nachwuchs sowie eine Rückkehrerin. Die 15-jährige Lena Stoll spielte zuletzt erfolgreich im U16-Elite-Team von Rekordmeister Brühl St. Gallen, will ihre nächsten Schritte nun aber wieder bei ihrem Stammclub machen. Aus dem eigenen U18-Team stossen Esma Bajramoska (17), Katelina Kutzemüller (16), Réka Halapi (15) und Emma Heer (15) zum erweiterten Kader der 1. Mannschaft. Sie sollen behutsam an das Topniveau herangeführt und in den Trainings gefordert und gefördert werden.

Neuer Assistenztrainer
Nach dem Abgang von Urs Mühlethaler, der auch als Co-Trainer im Einsatz stand, haben die Kreuzlinger in der Person von Felix Kugler einen neuen Assistenztrainer verpflichtet. Er wechselte von der HSG Mimmenhausen-Mühlhofen, wo er Sportchef und auch Trainer des 1. Männerteams war, zum HSCK und unterstützt Kristina Ertl-Hug.

Wohin führt die Reise?
Dank der grösseren Breite scheint der Kader des HSC Kreuzlingen für die neue Saison eher stärker einzustufen zu sein. Allerdings dürfte es noch einige Wochen brauchen, bis die vielen neuen Spielerinnen vollständig ins Teamgefüge integriert sind. Ertl-Hug: «Wir werden noch den einen oder anderen Ernstkampf benötigen, bis alle Rädchen wieder optimal ineinandergreifen.» Gewisse Anlaufschwierigkeiten würden sie deshalb nicht überraschen. Trotzdem ist klar, dass sich die Thurgauerinnen erneut als eines der besten sechs Mannschaften in der wiederum 14 Partien umfassenden Qualifikationsphase für die Finalrunde qualifizieren wollen. «Das ist erstmal unsere prioritäre Zielsetzung», betont die Cheftrainerin. «Und wenn wir das geschafft haben, wollen wir in den zehn Partien der Finalrunde selbstverständlich erfolgreicher abschneiden als in der letzten Saison!»
Eine Top-6-Platzierung werden sich allerdings alle acht SPL1-Clubs als Ziel setzen. Die beiden Letztplatzierten nach der Hauptrunde müssen wiederum den Gang in die Auf-/Abstiegsrunde antreten, wo sie auf die besten beiden SPL2-Teams treffen. Im letzten Frühjahr ereilte dieses Schicksal völlig überraschend den Vizemeister und Cupsieger LK Zug sowie den DHB Rotweiss Thun. Diese wurden von den beiden SPL2-Club Arbon und Yverdon allerdings nicht wirklich gefordert. Die Oberklassigen schafften den Klassenerhalt problemlos.

Unsere Prognose
Dann wagen wir an dieser Stelle mal eine Prognose: Für die neue SPL1-Saison 2023/24 darf man davon ausgehen, dass Zug in der Endabrechnung nicht ein zweites Mal unter den Strich fällt. Daneben sind Meister Brühl St. Gallen und die Spono Eagles Nottwil ganz bestimmt ein sicherer Tipp für eines der sechs Finalrunden-Tickets. Die beiden Playoff-Halbfinalisten der letzten Saison, der HV Herzogenbuchsee und Yellow Winterthur, scheinen ebenfalls stabil genug, um es ohne Zittern in die Finalrunde zu schaffen. Bleiben noch GC Amicitia Zürich, der HSC Kreuzlingen und der DHB RW Thun. Von diesen drei Teams ist der HSCK sicher am stärksten einzustufen. Aber vielleicht gelingt den Thurgauerinnen auch die eine oder andere Überraschung. Das Potenzial dafür ist zweifelsfrei vorhanden!

Zuzüge:
Luisa Bauder (19 Jahre/Rückraum/HC Erlangen, 3. Bundesliga DE)
Lea Flohr (21 Jahre/Rückraum/1. FC Köln, 3. Bundesliga DE)
Kerstin Sander (19 Jahre/Torhüterin/Hypo Niederösterreich, WHA Österreich)
Anne-Marie Hänsel (26 Jahre/Rechtsaussen/TSV Haunstetten, 3. Bundesliga DE)
Raphaela Steffek (28 Jahre/Rückraum/TSV Wattenbek, 3. Bundesliga DE)
Ilaria Suter (19 Jahre/Rückraum/HSC Kreuzlingen, 2. Mannschaft)
Ramona Stadelmann (26 Jahre/Rückraum/HSC Kreuzlingen, 2. Mannschaft)

Im erweiterten SPL1-Kader (Talentvereinbarung):
Esma Bajramoska (17 Jahre/HSC Kreuzlingen U18)
Réka Halapi (15 Jahre/HSC Kreuzlingen U18)
Emma Heer (15 Jahre/HSC Kreuzlingen U18)
Katelina Kutzemüller (16 Jahre/HSC Kreuzlingen U18)
Lena Stoll (15 Jahre/Brühl St. Gallen U16 Elite)

Abgänge:
Urs Mühlethaler (Sportchef/Coach, zu Vizemeister Spono Eagles Nottwil)
Petra Skoricova (zu Meister Brühl St. Gallen)
Antonia Rakaric (offen)
Nathalie Wörner (Rücktritt)
Selina Weidmann (Rücktritt)
Pavlina Novotna (Rücktritt)
Stefanie Schalko (zurück zu Stockerau/WHA Österreich)

Markus Rutishauser