Wie jedes Jahr im Advent sind viele Fenster weihnachtlich geschmückt. Nur das Fenster von Oma Klein, die von allen in der Strasse ´die kleine Oma´ genannt wird, ist dunkel und leer. Komisch. Früher hat sie immer das schönste Adventsfenster gehabt. Alle wundern sich. Was ist los mit Oma Klein?
Das fragt die sich auch. Sie hat einfach keine Lust, ihr Haus zu schmücken. «Für wen?», fragt sie traurig und denkt an ihre Kinder, die weit weg über das grosse Meer nach Pennsylvania gezogen sind. Seither fühlt sie sich sehr allein, und das ist kein schönes Gefühl. «Für mich allein lohnt sich das Schmücken nicht», sagt sie. «Es ist ja niemand da, der sich darüber freut.»
Die kleine Oma ist wirklich sehr traurig, doch weil sie über ihren Kummer nicht redet, weiss das keiner. Keiner? Nun, der Winter ist gar nicht damit einverstanden, dass die kleine Oma so traurig ist, und eines Nachts zaubert er eine Eisblume, die wie ein Adventsstern aussieht, an ihre kahle Fensterscheibe.
Wie freut sich da die kleine Oma, als ihr morgens der Stern vom Fenster her entgegen funkelt! Ein Wunder? Lange schaut sie auf den Stern, und ihr wird warm ums Herz. «Ich kann mich ja doch noch freuen!», ruft sie und wischt sich ein paar Freudentränen von der Backe. «Schön ist das Leben!»
Da kitzelt ein Sonnenstrahl den Eisblumenstern. Der blinkt ihr einen Abschiedsgruss zu, dann löst er sich auf in viele kleine Wassertropfen, die langsam die Fensterscheibe herab rinnen. «Danke, Wunderstern!», ruft ihm die kleine Oma hinterher.
Dann eilt sie auf den Dachboden, um den Weihnachtsschmuck zu holen. Viel hat sie heute zu tun: Tannenzweige kaufen, das Fenster schmücken, einen Adventskranz binden und backen. Wie jedes Jahr nämlich will sie die Kinder aus der Straße zum Plätzchen essen, Tee trinken und Geschichten erzählen einladen. Die kleine Oma freut sich darauf, und während sie ihre Vorbereitungen trifft, denkt sie sich neue Geschichten aus, die sie den Kindern in den Tagen bis Weihnachten erzählen wird.