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Kreuzlingen
24.03.2024
24.03.2024 09:47 Uhr

Bildung hat die Aufgabe, Menschen auf eine ungewisse Zukunft vorzubereiten

Marion Sontheim aus Bottighofen kandidiert für den Grossen Rat. Bild: PD
Marion Sontheims Beruf ist der der Bildungsmanagerin. Die Berufs- und Familienfrau kandidiert für die SP Kreuzlingen neu in den Grossen Rat. Im Interview spricht die Bottighofer Gemeinderätin über die politische Balance.

Marion Sontheim, Sie sind eine engagierte Berufs- und Familienfrau. Was fasziniert Sie an der politischen Arbeit? Und warum die SP?

Antwort Marion Sontheim: Es fasziniert mich, meine Fähigkeiten und meine Persönlichkeit zum Wohl der Gemeinschaft einbringen zu dürfen. Und aus meiner Sicht bedeutet das «Wohl der Gemeinschaft» bestmögliche Lebensbedingungen, eine gerechte Gesellschaft und eine solidarische Gemeinschaft. Diese Werte sehe ich durch die SP am besten vertreten, das hat mich vor Jahren zu einem Beitritt bewogen. Für mich ist linke Politik keinesfalls eine Politik für Schwache oder Benachteiligte. Ein gutes Beispiel ist die Wirtschaftspolitik: Auch mir ist eine starke Wirtschaft wichtig! Dafür braucht es aber nicht nur gute Bedingungen für Unternehmen, sondern auch zufriedene und leistungsbereite Arbeitnehmer und eine kaufkräftige Bevölkerung. Der Leitspruch der SP «Für alle, statt für wenige» bringt dieses Denken auf den Punkt.

Sie sind Bildungsmanagerin – wo sind unsere Mängel in der Gesellschaft? 

Antwort Marion Sontheim: Ich möchte nicht von Mängeln in unserer Gesellschaft sprechen. Unsere Gesellschaft ist eine herausgeforderte: Sie wird immer vielfältiger, die Anforderungen in der Schweiz und global immer komplexer. Das löst bei vielen Menschen Ängste und Besorgnis aus und ich spüre eine grosse Sehnsucht nach Überschaubarkeit. Für viele bedeutet das: Zurück zur guten alten Zeit. Anatole France sagte: «Die gute alte Zeit verdankt ihr Dasein unserem schlechten Gedächtnis» - da ist viel Wahres dran. Allerdings bedaure auch ich, dass uns anscheinend die Fähigkeit abhandenkommt, unterschiedliche Meinungen zu haben und trotzdem befreundet zu sein. Herausfordernd sind aktuell nicht nur die Veränderungen an sich, sondern auch das Tempo: Jugendliche, die sich heute für einen Lehrberuf entschieden, sind sich teilweise nicht einmal sicher, ob es diesen Beruf bis zum Ende ihrer Lehrzeit in dieser Form noch geben wird. Das ist nur ein kleines Beispiel, zeigt aber eine Situation, die wir in der Menschheitsgeschichte so nie hatten.

Was braucht es in der Bildung?

Antwort Marion Sontheim: Bildung hat die Aufgabe, Menschen auf diese (ungewisse) Zukunft vorzubereiten, sie zu befähigen, ein selbstbestimmtes und sozial verträgliches Leben zu führen. Ein Teil der Probleme der Bildung im Kanton liegt aktuell nach meinem Empfinden nicht in der Bildungspolitik, sondern in einer mangelhaften Familienpolitik. Junge Familien brauchen Rahmenbedingungen, in denen sie genügend Ressourcen für eine gute Erziehungsarbeit aufbringen können. Und die Konsequenz kann und darf nicht sein, dass die Frauen zurück an den Herd müssen. Dafür braucht es andere Antworten, und mehr Kinderbetreuungsplätze können nur ein Teil dieser Antwort sein.

«Ich wünsche mir ein besseres, politisches Gleichgewicht in der kantonalen Regierung. Deshalb ist mein grösster Wunsch, genügend Stimmen für die SP Liste 14 zu erhalten, um diesem Ziel näher zu kommen.»
Marion Sontheim, Kandidatin für den Grossen Rat

Sie sind auch Gemeinderätin von Bottighofen. Welche Themen sind Ihnen bei einer Wahl im Grossen Rat noch wichtig?

Antwort Marion Sontheim: Da die Menschen in unserem Kanton von allen Themen mehr oder weniger stark betroffen sind, sind mir auch alle Themen wichtig. Allerdings könnte ich aufgrund meines Hintergrundes aktuell am meisten in den Bereichen Familie, Bildung und Kultur beitragen. Bildung und Kultur sind die Bereiche, in denen traditionell zuerst gespart wird, wenn es finanziell schwierig wird. Im Moment haben wir im Kanton eine schwierige Finanzlage, die ersten Sparmassnahmen im Kulturbereich sind bereits kommuniziert. Es braucht ein besseres politisches Gleichgewicht im Grossen Rat, um untragbare Entscheidungen wie die grosse Steuersenkung, die im Dezember 2021 beschlossen wurde, zu verhindern. Und als Gemeinderätin liegt es mir grundsätzlich am Herzen, dass die Gesetzgebung im Thurgau den Gemeinden bestmögliche Rahmenbedingungen für ihre Arbeit bietet.

Welche Erwartungen haben Sie an das Parlament?

Antwort Marion Sontheim: Wer für ein Amt kandidiert, möchte sich einbringen, möchte gestalten und Verantwortung übernehmen. Das gilt auch für mich. Ich weiss, dass ich mit sehr unterschiedlichen Menschen und Meinungen gut und lösungsorientiert zusammenarbeiten kann, auch das würde ich im Grossen Rat gerne fortsetzen. In meiner Tätigkeit als Gemeinderätin ist mir aber auch klar geworden, wie viel man in einem politischen Amt lernen darf. Und darauf würde ich mich mindestens ebenso freuen.

Herzlichen Dank für das Gespräch. Wir wünschen viel Erfolg.

*Interview schriftlich geführt. 

Manuela Olgiati