Marion Sontheim, Sie sind eine engagierte Berufs- und Familienfrau. Was fasziniert Sie an der politischen Arbeit? Und warum die SP?
Antwort Marion Sontheim: Es fasziniert mich, meine Fähigkeiten und meine Persönlichkeit zum Wohl der Gemeinschaft einbringen zu dürfen. Und aus meiner Sicht bedeutet das «Wohl der Gemeinschaft» bestmögliche Lebensbedingungen, eine gerechte Gesellschaft und eine solidarische Gemeinschaft. Diese Werte sehe ich durch die SP am besten vertreten, das hat mich vor Jahren zu einem Beitritt bewogen. Für mich ist linke Politik keinesfalls eine Politik für Schwache oder Benachteiligte. Ein gutes Beispiel ist die Wirtschaftspolitik: Auch mir ist eine starke Wirtschaft wichtig! Dafür braucht es aber nicht nur gute Bedingungen für Unternehmen, sondern auch zufriedene und leistungsbereite Arbeitnehmer und eine kaufkräftige Bevölkerung. Der Leitspruch der SP «Für alle, statt für wenige» bringt dieses Denken auf den Punkt.
Sie sind Bildungsmanagerin – wo sind unsere Mängel in der Gesellschaft?
Antwort Marion Sontheim: Ich möchte nicht von Mängeln in unserer Gesellschaft sprechen. Unsere Gesellschaft ist eine herausgeforderte: Sie wird immer vielfältiger, die Anforderungen in der Schweiz und global immer komplexer. Das löst bei vielen Menschen Ängste und Besorgnis aus und ich spüre eine grosse Sehnsucht nach Überschaubarkeit. Für viele bedeutet das: Zurück zur guten alten Zeit. Anatole France sagte: «Die gute alte Zeit verdankt ihr Dasein unserem schlechten Gedächtnis» - da ist viel Wahres dran. Allerdings bedaure auch ich, dass uns anscheinend die Fähigkeit abhandenkommt, unterschiedliche Meinungen zu haben und trotzdem befreundet zu sein. Herausfordernd sind aktuell nicht nur die Veränderungen an sich, sondern auch das Tempo: Jugendliche, die sich heute für einen Lehrberuf entschieden, sind sich teilweise nicht einmal sicher, ob es diesen Beruf bis zum Ende ihrer Lehrzeit in dieser Form noch geben wird. Das ist nur ein kleines Beispiel, zeigt aber eine Situation, die wir in der Menschheitsgeschichte so nie hatten.
Was braucht es in der Bildung?
Antwort Marion Sontheim: Bildung hat die Aufgabe, Menschen auf diese (ungewisse) Zukunft vorzubereiten, sie zu befähigen, ein selbstbestimmtes und sozial verträgliches Leben zu führen. Ein Teil der Probleme der Bildung im Kanton liegt aktuell nach meinem Empfinden nicht in der Bildungspolitik, sondern in einer mangelhaften Familienpolitik. Junge Familien brauchen Rahmenbedingungen, in denen sie genügend Ressourcen für eine gute Erziehungsarbeit aufbringen können. Und die Konsequenz kann und darf nicht sein, dass die Frauen zurück an den Herd müssen. Dafür braucht es andere Antworten, und mehr Kinderbetreuungsplätze können nur ein Teil dieser Antwort sein.