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Münsterlingen
20.11.2024
20.11.2024 16:56 Uhr

Rolle des "trouble shooters" ist verteilt

Gemeindepräsident Hans-Jörg Saner vor dem Gemeindehaus in Münsterlingen. Bild: Manuela Olgiati
Der Münsterlinger Gemeindepräsident Hans-Jörg Saner will die Situation beruhigen und Lösungen erarbeiten. Der Gemeinderat stellt sich dagegen und will ihn nur zum Rücktritt bewegen und weigert sich, eine externe Beratung in eine Problemlösung oder Mediation mit einzubeziehen. Die Ereignisse der vergangenen drei Wochen werfen Fragen auf.

Im Herbst 2022 haben die Münsterlinger Stimmberechtigten den Unternehmer Hans-Jörg Saner im zweiten Wahlgang als Gemeindepräsident gewählt. Der langjährige Vizegemeindepräsident Jürgen Häberli liess sich damals für den zweiten Wahlgang aufstellen, unterlag aber deutlich. Die aktuellen Querelen ausgelöst haben seinen Gang in die Medien nach seinem Rücktritt, vor rund drei Wochen. Jürgen Häberli zieht seine Gemeinde in den Sumpf und zeichnet ein desolates Bild. Ins gleiche Horn stossen die verbleibenden Gemeinderäte. Die Einwohnervereinigung Münsterlingen schliesst sich einer solch einseitigen Argumentation an. Die Situation gipfelte in einer denkwürdigen Gemeindeversammlung am 12. November, wo dieselben Argumente wiederholt werden. Es eskalierte ein politisches Erdbeben in der Öffentlichkeit. Kritische Beobachter müssen sich allerdings die Frage stellen: Ist die Situation in Münsterlingen wirklich so desolat wie behauptet wird? Ein Blick auf die Fakten macht jedenfalls stutzig.

 

«Die Rechnungsprüfungskommission hat uns vor wenigen Tagen eine einwandfreie finanzielle Führung bescheinigt.»
Hans-Jörg Saner, Gemeindepräsident Münsterlingen.

Die teuren Infrastruktur-Grossprojekte wie Hafenareal und Teupelacker scheinen zu laufen. Gemäss diversen Medienberichten hat Gemeindepräsident Hans-Jörg Saner, der 20 Jahre Berufserfahrung als Bauunternehmer vorweisen kann, ein massgeblicher Anteil geleistet. Die Gemeinderäte werfen ihm heute öffentlich eine „Nichtbeachtung von Ressortzuständigkeiten" vor. Ein solches Urteil könnte weite Kreise ziehen. Die Gemeinderäte rechtfertigen ihr forsches Vorgehen mit möglicherweise drohenden Kündigungen. Auf der Gemeindeverwaltung gab es gemäss Recherchen bislang keine Kündigungen. Obwohl der im Frühling 2024 zurückgetretene Gemeinderat Stefan Egger in den Medien explizit andere Gründe nennt als Zwischenmenschliche, verbinden die Gemeinderäte diesen Rücktritt und denjenigen von Häberli miteinander. Hans-Jörg Saner sagt: „Sie geben mir die Schuld für diesen Konflikt, in dem wir uns befinden.“

Budget ohne Zusatzwünsche

Es stand schwarz auf weiss in der Tageszeitung: Um die angespannten Gemeindefinanzen im Griff zu halten, engagierte Hans-Jörg Saner eine externe Beratung im Budgetprozess und dampfte Zusatzwünsche aus den Ressorts ein. Die Gemeinderäte werfen ihm nun einen ungenügenden Budgetprozess vor und entzogen ihm deswegen Anfang November das Ressort Finanzen. Hans-Jörg Saner sagt: „Die RPK hat uns vor wenigen Tagen eine einwandfreie finanzielle Führung bescheinigt.“ Auch das von Hans-Jörg Saner geführte Budget 2025 wird an der Gemeindeversammlung mit über 200 Stimmberechtigten anstandslos akzeptiert. Es scheint also kein fachlicher Grund für den Ressortentzug zu geben. Die zwischenmenschliche Ebene schliesst einige Rückschlüsse.

Arbeit auf der Gemeindeverwaltung 

Offensichtliches Bild zeigt, Gemeinde und Gemeindepräsident funktionieren besser als von den Gemeinderäten dargestellt. Der Gemeindepräsident ergänzt: „Möglicherweise liegt der Schlüssel zum Verständnis der aktuellen Vorkommnisse in Münsterlingen in einem Medienbericht in der Thurgauer Zeitung vom 30. Oktober 2024, mit dem die schlechte Stimmung ins Rollen kam.“ Dort erklärte Jürgen Häberli, dass sein Rücktritt vom Gemeinderat zuerst nicht akzeptiert worden sei, mit dem Hintergedanken, dass er als Vizegemeindepräsident einspringen müsse. Allerdings stellt sich die Frage: Wie konnte er wissen, dass er als Gemeindepräsident einspringen soll, wenn es nicht schon zuvor intern geplant war, Hans-Jörg Saner von seinem Posten zu manövrieren? Der Gemeindepräsident fragt sich: „Ist am Schluss die ganze Eskalation ein abgekartetes politisches Spiel, auf dem Buckel von mir und der Gemeinde Münsterlingen ausgetragen?“

Fehlender Respekt und Wertschätzung hält ihn nicht auf 

Hans-Jörg Saner räumt ein, dass er es bestimmt nicht allen recht machen könne. Doch wegen dem Zerwürfnis lasse er sich nicht abhalten, weiterhin zu Konstruktivität und Anstand aufzurufen. Diese aktuelle Situation sei eine Möglichkeit für alle Beteiligten, zu lernen und es besser zu machen. Aus diesem Grund verstehe er auch nicht, dass der Gemeinderat sich als Gremium geweigert habe, externe neutrale Fachpersonen in eine Problemlösung oder Mediation mit einzubeziehen und Transparenz im Gremium zu schaffen. Dennoch verlaufen die regelmässig durchgeführten Sitzungen mit einzelnen Gemeinderäten zu den laufenden Geschäften immer positiv.

Die Arbeit auf der Gemeinde geht weiter. Dafür, dass es gut funktioniert, will Hans-Jörg Saner sein Bestes geben. Nach wie vor spüre er den Rückhalt in der Gemeinde. Er sagt: „Nach der Gemeindeversammlung suchten viele das Gespräch mit mir.“ Ein Kränzchen windet er den Mitarbeitenden der Gemeindeverwaltung. „Ich habe aber kein Verständnis dafür, dass unsere Mitarbeitenden auf diese Weise in das Schaufenster der Öffentlichkeit gezogen werden, sie haben das nicht verdient.“ Sein Ziel bleibe, die Situation zu beruhigen und wieder in geordnete Bahnen zu lenken.

Nach den Rücktritten im Gemeinderat folgen Ersatzwahlen, eine am 24. November für den zurückgetretenen Stefan Egger. Die Wahlen für zwei weitere Behördenmitglieder finden am 9. Februar 2025 statt. Die Zusammenarbeit mit neuen Behördenmitgliedern bezeichnet der Präsident als Chance. Eines für alle Beteiligten muss klar sein: Die nächsten Gesamterneuerungswahlen kommen bestimmt.

Manuela Olgiati