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Kreuzlingen
06.01.2025
06.01.2025 17:24 Uhr

Im Lebensmittelpunkt steht Qualität und wirtschaftliche Entwicklung

Attila Wohlrab, eidg. dipl. Immobilientreuhänder immokanzlei AG in Kreuzlingen und Arbon sowie Präsident AGV Kreuzlingen und Vorstandsmitglied IHK Thurgau Bild: Manuela Olgiati
Als unabhängiger Unternehmer berät Attila Wohlrab mit seinem Team Kunden mit Immobilien aus allen Branchen mit seiner Firma immokanzlei AG in Kreuzlingen und Arbon. Als Präsident der AGV Kreuzlingen, Vorstandsmitglied der IHK Thurgau und aktives Mitglied der FDP setzt er sich neben Bildung sehr stark für attraktivere, unbürokratische Rahmenbedingungen für die Wirtschaft ein.

Attila Wohlrab ist in Kreuzlingen aufgewachsen. Der 56-jährige eidg. dipl. Immobilientreuhänder wägt die lokalpolitische Situation in seiner Heimatstadt eher vorsichtig ab. Im Grossen Rat Thurgau diskutiert er gern über Finanzpolitik. Es sei ein Spagat, kantonal und regional, zwischen Wunschdenken und Prioritäten setzen. Im Interview mit Kreuzlingen24 spricht Attila Wohlrab über Angebot und Nachfrage, auch was Kreuzlingen lebenswert macht.

Attila Wohlrab, kommen wir zurück auf die zahlreichen offenen Projekte der Stadt Kreuzlingen, welche gemäss Kreuzlinger Stadtrat einen hohen Investitionsbedarf ausweisen. Im Herbst steht eine Volksabstimmung über die Sanierung der Bodenseearena über 27 Millionen Franken bevor. Wo setzen Sie als Unternehmer und AGV-Präsident Prioritäten bei den vielen Bauprojekten, welche die Stadt Kreuzlingen umsetzen will?

Antwort AW: Der Arbeitgeberverband (AGV) Kreuzlingen anerkennt einen gewissen Investitionsbedarf. Im Zentrum steht für mich als Unternehmer eine Optimierung zum Sparen. Es gibt eine Anzahl nicht notwendiger Projekte, wofür der Steuerzahler herangezogen wird. Das Augenmerk liegt zwar in der wirtschaftlichen Weiterentwicklung der Gemeinde. Aber auch in gesunden Staatsfinanzen. Für mich hat die Sanierung der Verwaltungsliegenschaften an der Hauptstrasse sowie die Neubauten der Verwaltung am Boulevard obere Priorität. Nach Jahrzehnten von Planung und Diskussion wäre nun der Zeitpunkt reif, für dieses Grossprojekt. Im Gegenzug könnten unter anderem die beiden Liegenschaften Hauptstrasse 88 und 90 auf den freien Markt gelangen. Auch ein neues Betriebsgebäude von Energie Kreuzlingen macht vor allem technisch für die Zukunft Sinn. Allerdings müssen dann auch die alten Liegenschaften verkauft werden. Weitere Projekte sind nicht auf meiner Liste der Prioritäten. Es stellt sich für mich mehr die Frage: Will man weiterhin Eisfelder, oder nicht? Das ist schlussendlich für das Stimmvolk entscheidend.

 

«Oft gibt es Geschäfte, da lernt man den Verkäufer leider erst an der Kasse kennen.»
Attila Wohlrab, eidg. dipl. Immobilientreuhänder und Geschäftsinhaber immokanzlei AG Kreuzlingen und Arbon, Präsident AGV Kreuzlingen und Vorstandsmitglied IHK Thurgau.

Noch ein Vergleich vom Kanton zur Stadt Kreuzlingen?

Antwort AW: Wenn man viel bauen will, sinkt die Liquidität. Die Verschuldung wird stark zunehmen, vorausgesetzt alle Projekte finden bei der Mehrheit der Stimmbevölkerung Zustimmung. Bei beiden müssen Wunschdenken und Prioritäten überdacht werden.

Heisst, manches kann noch warten?

Antwort AW: Kommt die Bodenseearena beim Kreuzlinger Stimmvolk durch, müsste der finanzielle Ausgleich über die Preispolitik beim Eintrittsticket für Auswärtige aus Nachbargemeinden und dem nahen Ausland wie Konstanz überprüft werden. Es braucht wohl eine starke Preisanpassung beim Eintritt für Auswärtige, welche die Kosten der Stadt Kreuzlingen massiv abfedert. Dieser Preis muss neben den Sanierungskosten auch die laufenden Kosten berücksichtigen.

Gesunde Finanzen, ein Beispiel?

Antwort AW: Wir sind ein selbständiger KMU-Betrieb. Auch wir haben eigentlich oft Wünsche, aber auch da gilt es Prioritäten zu setzen. In meinem Unternehmen konnten wir während der Pandemie ohne Lohnkürzungen und Staatsbeiträge erfolgreich weiterarbeiten. Das gab den Mitarbeitenden Sicherheiten und ein gutes Gefühl an Wertschätzung.

Und die Herausforderungen bei Firmen?

Antwort AW: Kreuzlingen hat mit den vielen kleineren Gewerbebetrieben eine stabile Wirtschaft, es überwiegen die Standortvorteile durch die sehr gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr, die Lage an der Grenze und vor allem die Mitarbeitenden. Die Firmen arbeiten autonom, im Arbeitgeberverband und Gewerbeverband tauscht man sich aus. Innerhalb der Firmen empfehle ich eine frühzeitige Nachfolgeregelung, was derzeit eine grosse Herausforderung bedeutet. Innerhalb der Industrie- und Handelskammer (IHK) Thurgau und auch beim AGV greifen wir das Thema Jahre vor der Pensionierung auf.

Zurück zum Stadtzentrum, zu den leerstehenden Lokalen und Ladenflächen. Wo sehen Sie Chancen?

Antwort AW: Einkaufen in Konstanz und Internetshopping sind nur einige Aspekte für weniger Belebung im Stadtzentrum. Die Digitalisierung hat uns viele Vorteile ermöglicht, das Internet wird zum virtuellen Erlebnis. Ich bin überzeugt davon, dass es immer möglich ist, vor Ort ein eigenes Geschäft zu eröffnen und aufzubauen. Es braucht innovative Geschäftsleute mit Nischenprodukten. Davon gibt es einige sehr gute Beispiele in Kreuzlingen. Mit guten Ideen und einem Verkaufserlebnis kann man sich positionieren. Oft gibt es Geschäfte, da lernt man den Verkäufer leider erst an der Kasse kennen.

Können Sie das präzisieren?

Antwort AW: Es gibt im Detailhandel nur die Varianten billig oder Erlebnis mit Service. Wer die Kunden fragt, was sie brauchen, kommt schnell zum Erfolg. Manchmal braucht es nur ein freundliches Lächeln und ein Interesse am Kunden.

Und die Wünsche der nahen Zukunft?

Antwort AW: Auf kantonaler Ebene sind wir mit einer Wachstumsschwäche konfrontiert. Zur Fiskalpolitik müssen wir Sorge tragen, wollen wir nicht vor einem Schuldenberg stehen. Bei der zunehmenden Regulierungsflut und den damit verbundenen Kosten für die Wirtschaft müssen wir ansetzen. Der Schreiner zum Beispiel soll sein Handwerk machen und sich möglichst wenig mit staatlicher Bürokratie herumschlagen müssen. Für Kreuzlingen kommen Prognosen für Steuerfusserhöhungen weniger gut an. Schliesslich geht es um den Erhalt der Lebensqualität. Würde der Sparkurs eingehalten, müsste die Staatsquote sinken. Es braucht Mut, Wunschobjekte zu stoppen oder auf eine Warteliste zu setzen. Volksabstimmungen machen die Wahlergebnisse dann sichtbar.

Manuela Olgiati