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Ermatingen
29.04.2024
29.04.2024 08:49 Uhr

Interesse für politische Themen ist geweckt

Daniel Oriesek am Ufer des Untersees in Mannenbach. Bild: Manuela Olgiati
Daniel Oriesek aus Fruthwilen ist Präsident der SVP Ermatingen-Salenstein. Der 53-jährige Spezialist für internationale Beziehungen und Generalstabsoffizier der Armee hält im Interview Rückschau auf die Grossratswahlen und Themen, die uns alle beschäftigen.

Daniel Oriesek: Die Wahlen für den Grossen Rat sind Geschichte. Die Kantonsräte sind gewählt. Sie haben neu kandidiert und wurden nicht gewählt. Sind Sie enttäuscht über das Wahlergebnis?

Als relativ neu Zugezogener, dazu noch Zürcher, der nicht im Bezirk Kreuzlingen aufgewachsen ist, nicht im Bezirk arbeitet und zum ersten Mal kandidiert, bin ich mit dem soliden Platz im Mittelfeld zufrieden. Ich konnte doch einige Plätze gut machen und insgesamt über 1800 Wählerinnen und Wähler haben mir ihre Stimme und ihr Vertrauen geschenkt und das wegen meinen politischen Inhalten und meiner Erfahrung und sicher nicht wegen meinem ur-schweizerischen Familiennamen (lacht).

 

Wo kommt Ihr Familienname eigentlich her?

Der Name kommt ursprünglich aus dem Gebiet der heutigen Slowakei. Mein Vater ist 1968 nach dem Prager Frühling aus der damaligen Tschechoslowakei in die Schweiz geflüchtet, hat meine Mutter, eine Schweizerin, geheiratet und eine Familie gegründet.

 

Als Spezialist für internationale Beziehungen und Generalstabsoffizier der Armee bringen Sie Menschen zusammen. Hier wären doch gerade die Mitwirkung und Einflussnahme im Kanton wichtig?

Jeder politisch aktive Bürger, ob Mandatsträger oder nicht, bringt seinen persönlichen Rucksack mit. Bei mir sind das neben den Erfahrungen im internationalen und militärischen Umfeld, vor allem auch meine Erfahrungen aus der Privatwirtschaft, sei es als ehemaliger Banker und Strategieberater oder aber als Mitinhaber einer kleinen Beratungs- und Immobilienfirma im Kanton. Diesen Rucksack stelle ich der Thurgauer Bevölkerung grundsätzlich zur Verfügung, ob nun offiziell als gewählter Mandatsträger oder ganz einfach beratend im Hintergrund, wenn es darum geht, aktuelle Mandatsträger auf nationaler oder kantonaler Ebene bei schwierigen Themen und Entscheidungen zu unterstützen.

Der Unterschied ist, dass man als gewählter Mandatsträger eine Bringschuld hat dieses Wissen zu Gunsten des Kantons einzubringen. Als Bürger und Wähler achte ich persönlich darauf, dass unsere Parlamente von den Erfahrungshintergründen her divers aufgestellt sind. Es bringt meiner Meinung nach genauso wenig, wenn ein Parlament nur aus Bauern oder nur aus Juristen besteht. Die Mischung machts!

 

 

«Gelingt es, Themen verständlich anzusprechen und plausible Lösungsansätze zu skizzieren, kann man die Leute aus ihrer Politikverdrossenheit aufwecken.»
Daniel Oriesek, SVP Präsident Ermatingen-Salenstein.

Das Endergebnis der Wahlbeteiligung war 32.26 Prozent: Was könnten die Gründe für das geringe Interesse sein?

Die tiefe Beteiligung zieht sich über alle Parteien hinweg und hat meiner Einschätzung nach vier Gründe. Erstens, ist das Interesse und die Stimmbeteiligung an kantonalen Wahlen in der Regel immer tiefer als an den nationalen Wahlen. Zweitens, erkenne ich ungeachtet dessen eine gewisse «Wählermüdigkeit». Wir dürfen nicht vergessen, dass wir aus einem sehr intensiven nationalen Wahlkampf im Herbst 2023 kommen und rund einen Monat vor den Regierungs- und Grossratswahlen noch die Bezirkswahlen hatten. Irgendwann verleidet es der stillen Mehrheit einfach schon wieder an die Urne zu gehen. Drittens, fielen die Wahlen dieses Jahr in die Mitte der Frühlingsferien, so dass einige potenzielle Wähler gar nicht in der Region waren und auch nicht die Möglichkeit der brieflichen Stimmabgabe nutzten. Viertens, war kurz vor den Wahlen die Abstimmung über die 13. AHV, bei der sich insbesondere die bürgerlichen Parteien aus Überlegungen zu den finanzpolitischen Konsequenzen klar dagegen positioniert hatten. Das haben einige, vor allem ältere Wähler, nicht verstanden und gingen aus Protest nicht wählen.

 

Bei dieser grossen Auswahl an Kandidierenden eine Herausforderung.

Hier muss man glaube ich unterscheiden zwischen der personenbezogenen Mobilisierung und der thematischen Mobilisierung. Erstere betrifft die Kandidierenden und bedeutet, dass man versuchen sollte im Wahlkampf so viele Leute wie möglich zu treffen, damit sich diese ein Bild von der Person machen können und dann bewusst für ihre Favoriten wählen gehen. Hier musste ich feststellen, dass ich in den Gemeinden wo ich viele Kontakte hatte, deutlich besser abgeschnitten habe als in Gemeinden, wo einfach mein Name auf der Liste stand.

 

«Üsi Heimat zerscht», Ihr Wahlslogan für die Vielfalt im Mittelstand. Was verstehen Sie darunter?

«Üsi Heimat zerscht!» ist mehr als nur ein Slogan. Es ist eine Grundhaltung und Aufforderung, bei der es darum geht, gemeinsam an der Zukunft unseres Kantons und unseres Landes zu arbeiten.

 

Wer hat denn nun Lösungen für «unsere» Themen?

Das Tolle an unserer direkten Demokratie ist, dass sich grundsätzlich jeder Stimm- und Wahlberechtigte an der Politik beteiligen kann. Wenn allerdings 2 von 3 Personen gar nicht erst an die Urne gehen, dann sollten sie sich diese dann konsequenterweise auch nicht darüber beschweren, wenn die Politik nicht ihren Vorstellungen entspricht!

Ein wichtiger Schritt zur Lösungsfindung ist die thematische Mobilisierung. Darunter verstehe ich, die Leute über Themen, die sie aktuell beschäftigen, abzuholen. Themen gibt es einige, angefangen beim Geld was am Ende des Monats übrigbleibt, über das subjektive Sicherheitsempfinden sowie Eingriffe in persönliche oder unternehmerische Freiheiten. Gelingt es, diese Themen verständlich anzusprechen und plausible Lösungsansätze zu skizzieren, kann man die Leute aus ihrer Politikverdrossenheit aufwecken und zur aktiven Teilnahme am politischen Geschehen, inklusive der Mitarbeit an Lösungen oder sogar zu einer Kandidatur, motivieren.

 

Und das gelingt Ihnen als Präsident der SVP-Ortspartei Ermatingen-Salenstein?

Nach unserem grossen Engagement mit Veranstaltungen im Rahmen der nationalen und kantonalen Wahlen, stelle ich fest, dass wir einen aktiven, engagierten Kern haben und die Leute wieder Freude daran haben sich mit politischen Themen zu befassen. Jetzt wo es etwas weniger hektisch mit übergeordneten Veranstaltungen zu und her geht, legen wir den Fokus nun auf die Netzwerkpflege und die Gewinnung von  neuen, insbesondere auch jüngeren Mitgliedern. Dazu werden wir kleine Veranstaltungen mit Sessionsrückblicken anbieten und interessante Gäste einladen. Vielleicht gibt es dann auch mal eine Firmenbesichtigung oder einen Ausflug. Politisch bleiben wir auf jeden Fall an Themen wie Tempo 30, Finanzen, Asylmissbrauch und allgemeine Sicherheit dran.

Herzlichen Dank für das Gespräch und wir wünschen viel Erfolg.

Manuela Olgiati