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Ermatingen
14.08.2024

Bildender Künstler und Maler mit Eigensinn

Wollte die Interaktionen zwischen Mensch, Raum und Zeit sichtbar machen: Der im Juli 2023 verstorbene Bildender Künstler Christian Lippuner. Bild: PD
Dem 2023 verstorbenen Christian Lippuner widmet sich eine Ausstellung in Ermatingen – die Vernissage ist am 31. August im Bahnhofgebäude Ermatingen. Die Ausstellung dauert bis Ende Oktober.

Am 18. Juli 2023 verstarb Christian Lippuner in seinem 76. Lebensjahr. Anlässlich der Jährung seines Todestages widmet sich nun eine Ausstellung in Ermatingen dem Bildenden Künstler, Skulpteur, Plastiker und Holzschneider, der in seinen letzten Jahren in Salenstein und später in Kreuzlingen gelebt hatte.

Ein Auszug seiner Werke ist ab Samstag, 31. August, im Bahnhofgebäude Ermatingen zu den Öffnungszeiten des Kiosks zu sehen. Eröffnet wird die Ausstellung am 31. August zwischen 16 und 18 Uhr. Die Ausstellung dauert bis Ende Oktober.

Über den vielseitigen Künstler schreibt Jànos Stefan Buchwardt auf der Homepage von Christian Lippuner: Aus einem starrhalsigen und gleichzeitig feinsinnigen Charakter heraus erwuchs dem Künstler Christian Lippuner kein umfangreiches, aber ein reiches Werk. In der Grossskulptur «Humanitas» etwa, Christian Lippuners später Stahlplastik für die «Bad Ragartz 2021», zeigt sich die Intensität seines Schaffens. Eindringlich und überdurchschnittlich wollte der Künstler auf gesellschaftliche Problematiken aufmerksam machen. Am 18. Juli 2023 – zwei Tage vor seinem 76. Geburtstag – ist Christian Lippuner verstorben.

Seit dem Jahr 2003 proklamierte Lippuner, ausgerüstet mit dem Wissen eines Grafik- und Kunststudiums, die Freiberuflichkeit eines Künstlers für sich. Der Entschluss des da schon über Fünfzigjährigen kam nicht von ungefähr. Aufgrund kontinuierlich schwerer Erkrankungen musste und wollte er umsatteln. Vor der Jahrtausendwende war er über 30 Jahre international erfolgreich als Grafikdesigner unterwegs. Werbeberatung, visuelle Gestaltung und die Tätigkeit als Artdirector in renommierten Agenturen kennzeichnen seine Erstbiografie.

Ob im Kleinen oder in Grossformat, feinsinnige Haltungen und willensstarke Gesten prägen Christian Lippuners Werk. Das gilt für seine Raum bietende Malerei wie für seine Zeichnungen, Skulpturen, Objekte oder Druckgrafiken. Immer wieder erkundete er das Einzelverhalten der Linien. Im von Meisterhand entworfenen Zusammenspiel zwischen Abstrahierendem und Figürlichem ergeben sich integre Interpretationen von Humanität.

Dem Ungemach preisgegeben

Christian Lippuner machte es zeitlebens zu schaffen, dass er sich als Künstler von seiner Familie nicht umfassend wertgeschätzt fühlte. Dass sich darüber hinaus auch der grosse Erfolg nicht gleich einstellte, lief seinem Anspruch auf Anerkennung für Höchstleistungen zuwider. Gesellschaftliches Ungemach sei Bestandteil seines Erwägens und Ausdrucks, so sein Gebot. Nun ist der anerkannte Ostschweizer Künstler dem eigenen jahrzehntelangen körperlichen Ungemach erlegen.

Vom Grübeln zum ausgereiften Kunstprodukt

Skulptur, Plastik, Konkrete Poesie, Mitherausgabe literarischer Blätter, Entwicklung und Vertrieb eigener Armbanduhren – Christian Lippuner hatte viele Talente, die er nicht alle gleichermassen kultivieren konnte. Die Malerei darf als sein hauptsächliches Genre gelten. Vier bis sechs grossformatige Bilder pro Jahr durchliefen Phasen intensiven Nachgrübelns und Bewertens. Sobald sich die passende Mischung aus Weltentrücktheit und Bodenhaftung einstellte, entstanden seine minutiös-expressiven Ausformungen.

In Lippuners Werken werden Werte hinterfragt: gesunder Menschenverstand, Solidarität, Gerechtigkeit. Bedrohlichkeit wusste der 1947 im sankt-gallischen Grabs Geborene und nun in Kreuzlingen Verstorbene aufrüttelnd in grelle Farben zu fassen. Konträr dazu sind tiefdunkel gefasste Hintergründe typisch für viele Gemälde. Im Wechselspiel zwischen Liniensystemen, schablonenhaften Schichtungen und schemenhaften körperlichen Ausformungen stellte sich für ihn die Frage nach den Zwischenräumen an sich.

Im Dunst des Unwägbaren

Mit vehementem Willen und Glauben an das Leben haben Christian Lippuners Frau Roswitha und er es fertiggebracht, ihm die Biografie einer beeindruckenden Künstlernatur zu schenken. So konnte er trotz verschiedener Krebsleiden und einer Nervenkrankheit weitgehend unbeirrt in seine Welten abtauchen. Um, wie er sagte, die Interaktionen zwischen Mensch, Raum und Zeit sichtbar zu machen. Um darüber, wie er formulierte, Ästhetik und Ethik zu vereinen.

Sein künstlerisches Mitteilungsbedürfnis war hoch und streng. In die konzentrierten, tief durchdachten Werke schrieb sich quasi unter der Hand ein sonderbar hoffnungsfrohes Märtyrertum ein. Die Titel seiner Bilder sprechen für sich und für ihn: «Im Glauben an Freiräume», «Im Dunst des Unwägbaren», «Zersetzung von Schönheit», «Wächter der Unwissenden» oder «Quell unnachgiebiger Haltung» … Sein fester Glaube daran, dem Tod noch einmal von der Schippe springen zu können, wurde schliesslich grundlegend erschüttert.

 

Redaktion 24