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05.12.2024
01.12.2024 22:52 Uhr

Wenn aus Winter Wärme wird - Teil 5

Wenn aus Winter Wärme wird – ein Winterroman mit viel Liebe, Spannung und Drama.
Mit ihrem Winterroman ,,Wenn aus Winter Wärme wird " nimmt die Autorin Astrid Töpfner die Leser mit auf eine spannende Reise in die schneebedeckten Schweizer Berge. Tauchen Sie ein in die Winterstimmung mit viel Gefühl und Drama – mit dem Kreuzlingen24-Adventskalender.

1. Dezember

Florian

Der Streit mit Emma lag nun schon zwei Wochen zurück, wenn man das überhaupt Streit nennen konnte; war es nicht eher eine hitzige Diskussion gewesen? Oder einfach nur ein fünfminütiges Wortgefecht? Weder sie noch er waren später erneut darauf eingegangen. Die einzige Konsequenz war gewesen, dass sie ganz selbstverständlich angefangen hatten, das Internet nach Wohnungen zu durchforsten, ohne bisher auf einen gemeinsamen Nenner gekommen zu sein. Was ihm gefiel, fiel bei ihr durch, und umgekehrt. Es war mühsam, gestand er sich ein, aber er passte sich Emmas ungebremsten Eifer an. Wenn sie erst zusammenwohnten, würde diese seltsame Distanz, die sich immer wieder zwischen sie drängte, verschwinden, ganz bestimmt. Sie befanden sich gerade nur in einer Situation der Schwebe, sagte er sich und wusste insgeheim nicht, auf welche Seite die Waage fallen sollte. Nein, blöder Gedanke, natürlich wusste er das. Und es würde wunderbar werden.

Er steckte den Schlüssel ins Schloss und spürte bereits beim Eintreten, dass etwas nicht stimmte. Eigentlich wollte er nur duschen, den Gestank nach Bratkartoffeln, Rotkraut und sonstigen Küchengerüchen abspülen, der nach der Mittagsschicht an ihm klebte, aber statt sich direkt über die Treppe nach oben zu stehlen, öffnete er die Tür zum Wohnzimmer und stieß dabei zum wiederholten Mal gegen den Mistelzweig, den seine Mutter wie jedes Jahr aufgehängt hatte. Obwohl es draußen gerade erst anfing, zu dämmern, leuchtete bereits die Lichterkette, die die Terrassentür schmückte, und es roch nach frisch gebackenen Schokoladenplätzchen. Seine Mutter war einfach eine unverbesserliche Weihnachtsromantikerin!

»Mama?«

»Ach Flo, da bist du ja.« Ihre Stimme kam aus der Küche.

»Alles in Ordnung? Du klingst so …« Bedrückt, wollte er sagen, hielt aber inne, als er die Situation zu erfassen versuchte. Seine Mutter, die ihn zerknirscht ansah, das Blech mit den Plätzchen, auf dem laut den fettigen Abdrücken gut die Hälfte fehlte, die Krümel an ihren Lippen. Sie war zwar eine anerkannte Naschkatze, aber das war selbst für sie eine reife Leistung.

»Ist dir schlecht?«, fragte er vorsichtig, und dann, noch einmal: »Alles in Ordnung?«

Sie nickte und schüttelte dann den Kopf. »Papa ist im Krankenhaus.«

»Was?«

Wieder nickte sie. »Ist in der Mittagspause im Schneematsch ausgerutscht und hat sich den Unterschenkel gebrochen.« Sie schniefte und verschränkte mit einem Gesichtsausdruck, der zwischen Frustration und Schmollen lag, die Hände vor der Brust. »Jetzt müssen wir unser Wochenende in den Bergen abblasen.«

Florian schnaubte ungläubig. »Und die Kekse hast du dir aus welchem der beiden Gründe reingezogen?«

»Mensch, Flo!«, rief sie und warf die Hände in die Luft. »Natürlich hab ich mir Sorgen gemacht um Papa, aber es ist ein sauberer Bruch, er wird gerade eingegipst, und gleich fahr ich los und hol ihn ab. Aber ich hab mich wirklich auf das Wochenende gefreut, und er ist übrigens auch traurig deswegen. Wenn er zu Hause ist, wird er wahrscheinlich die zweite Hälfte der Plätzchen verdrücken und ich backe morgen neue.« Sie sah auf einmal erschöpft aus.

Florian ging zu ihr und legte den Arm um ihre Schulter. »Tut mir leid, Mama. Bleib doch hier und ich hole ihn ab. Ruh dich aus.«

»Es wäre so romantisch geworden, weißt du? Ein winziges Hotel mitten in den Bergen, verschneite Tannen, leuchtende Fenster, rot-weiße Vorhänge, Sauna, Fondue-Abend, langlaufen …« Sie seufzte tief. »Dein Vater hat sich viel Mühe gegeben, mich damit zu überraschen, und jetzt …«

In Florian wuchs eine Idee heran. »Werdet ihr stornieren? Oder umbuchen? Wie lange muss der Gips dranbleiben?«

Seine Mutter nahm noch ein Plätzchen, biss aber nicht hinein. »Stornieren, denke ich. Es war ein Geheimtipp-Schnäppchen, im Januar oder Februar ist bestimmt schon alles voll.«

»Schade«, sagte Florian, nahm ihr das Guetzli aus den Fingern und steckte es sich in den Mund. Außen knusprig, innen feucht, nicht zu süß und doch schokoladig. Perfekt.

»Schade?«

»Na ja, weißt du …« Er griff nach noch einem Keks, aber seine Mutter schlug ihm auf die Finger. Natürlich, die waren für Papa. »Ich habe mir gedacht, vielleicht …« Er räusperte sich. Es war selbst für seine Maßstäbe viel verlangt. »Vielleicht könnte ich ja mit Emma, also, die Reise sozusagen übernehmen. Würde uns guttun, mal raus und so, bisschen romantisch.« Er sah angestrengt an seiner Mutter vorbei aus dem Küchenfenster. Bei den Nachbarn leuchtete soeben das Rentier im Vorgarten auf und unerwartet wurde ihm ganz weihnachtlich zumute. War ja doch eine schöne Zeit, wenn man sich darauf einließ.

Seine Mutter zupfte ihn hektisch am Ärmel. »Ihr habt doch wohl keine Probleme, oder?«

»Nein, Mama, natü…«

»Verscherz es dir bloß nicht mit Emma, hörst du mich? So eine liebe junge Frau, und ihr passt so gut zusammen!«

»Ja, Mama«, murmelte er, »mach dir keine Sorgen«, aber seine Mutter schnalzte missmutig mit der Zunge.

»Sie hat mir vor einiger Zeit schon ganz traurig anvertraut, dass du nicht viel Begeisterung zeigst, mit ihr zusammenzuziehen. Müssen wir dich etwa rausschmeißen, damit du dein Glück findest?«

»Nein, Mama, natü…«

»Selbstverständlich könnt ihr die Reise haben, mein Sohn, aber gib dir gefälligst Mühe, verstanden? Emma ist ein Schätzchen. Und jetzt geh deinen Vater abholen.« Sie drückte ihm einen Knutscher auf die Wange und schob ihn aus der Küche, während er immer noch ihre Standpauke verdaute. Ihm kam es vor, als wäre seine Mutter verliebter in Emma als er selbst, und der Gedanke fühlte sich unfassbar falsch an. Er würde sich Mühe geben, ganz sicher, um diesen feinen Riss zu kitten, der sich zwischen ihnen aufgetan hatte.

Wenn aus Winter Wärme wird

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Astrid Töpfner

Astrid Töpfner wurde 1978 in der Schweiz geboren und wohnt sie seit 2005 mit ihrem Mann und den zwei Söhnen in Spanien. In ihren Geschichten spielen oft Familien und deren tief verwurzelte Konflikte eine grosse Rolle; wie unterschiedlich Personen mit Themen wie Liebe, Verlust, Eifersucht oder Schuldgefühlen umgehen. Es sind keine klassischen Liebesromane, aber dennoch spielt die Liebe immer mit - denn ganz ehrlich: Was wären wir schon ohne?

www.astrid-topfner.com / www.instagram.com/astrid_topfner

Astrid Töpfner